Epikur (nach:
Philosophie bei den Römern (Werner Karl), Donauwörth 19791,
S. 36ff.; Abituraufgaben GK Bad.-Württ., 85-5f., Stark-Verlag) Epikur
wurde 341 v.Chr. auf der Insel Samos geboren. Mit 14 Jahren begann
seine philosophische Ausbildung. Nach dem Militärdienst in
Athen(Niederlage der Athener gegen die Makedonen) mußte er ins Exil
nach Kleinasien(Kolophon). Diese Zeit prägte seine Geisteshaltung: In
dem Elend der Diadochenzeit suchte und fand er das innere Glück in
einem echt philosophischen Leben, das abseits der großen Masse in
einem engen Kreis von Gleichgesinnten geführt wird. 306 ließ er sich
in Athen nieder und erwarb außerhalb der Stadt einen Anwesen, wo er
eine Schul- und Lebensgemeinschaft gründete, die auch Sklaven und
Frauen umfaßte. Nach 36 Jahren Führung seiner Schule starb er 270. Lehre: Epikur ist kein Naturphilosoph oder gar Naturforscher, sondern Verkünder einer Heilsbotschaft des Glücks. Die Natur interessiert ihn nur insofern, als sie ihm eine von göttlichen Mächten freie Erklärung allen Geschehens bietet. Das Prinzip der natürlichen Erklärbarkeit ist die Voraussetzung für seine Frohbotschaft des irdischen Glücks. Die wesentlichen Punkte seiner Lehre sind: 1)
Grundlage des Erkennens ist die Sinneswahrnehmung (Sensualismus). Das
Erkennen kommt dadurchzustande, daß sich von den Gegenständen
unsichtbar feine "Bildchen"(eidola) ablösen und von den Sinnesorganen
aufgenommen werden. Sinnestäuschungen beruhen nicht auf einem Irrtum
der Sinnesorgane, sondern sind die Folge einer falschen
Beurteilung der Wahrnehmung durch das menschliche Denken. 2)
Ebenso wie in der Erkenntnislehre ist Epikur in seiner Naturlehre
(Physik) von Demokrit beeinflußt: Nur die Atome (unendlich viele, an
Gestalt und Gewicht unterschiedliche, nicht mehr teilbare
Bausteinchen) und der unendliche, leere Raum sind existent. 3)
Alles Werden und Vergehen ist die Verbindung und Trennung der ewig
seienden, von Anfang an bewegten Atome. Verbindung und Trennung kommen
dadurch zustande, daß die Atome, die infolge ihrer Schwere in einer
Fallbewegung nach unten begriffen sind, durch Zufall von ihrer
senkrechten Fallinie abweichen. 4)
Mit dieser Lehre von der zufälligen Abweichung (parenklisis,
declinatio) tritt Epikur dem Glauben an eine geradezu
vorausberechenbare Gesetzmäßigkeit des Weltverlaufs (Determinismus)
entgegen und bekennt sich zur völligen Willensfreiheit des Menschen.
Es gibt kein unabänderliches "Schicksal", der Mensch kann
sein Leben in freiem Willen selbst gestalten. 5)
Da auch die menschliche Seele aus Atomen besteht, zerfällt sie ebenso
wie der Körper beim Tode in ihre Bestandteile. Mit dem Tod ist für
den Menschen als Individuum alles zu Ende. Die zerfallenden Körper-
und Seelenatome sind Aufbaumaterial für neue Organismen. 6)
Drei Arten von Furcht stehen dem Glück des Menschen im Weg: a)
die Furcht vor dem Tod b)
die Furcht vor den Göttern c)
die Unklarheit über das Wesen von Lust und Unlust. 7)
Da beim Zerfall der Körper- und Seelenatome ebensowenig eine
Empfindung wahrgenommen werden kann wie vor der Geburt des Menschen,
ist jede Todesfurcht sinnlos. Ebenso sinnlos ist jede Furcht vor dem
Zorn und den Strafen der Götter. Dennoch hält Epikur an der Existenz
der Götter fest. Einerseits ist die Vorstellung von Göttern dem
Menschen von Natur aus angeboren, andererseits möchte Epikur seine
Anhänger nicht durch einen erklärten Atheismus schockieren. Aber die
Götter nehmen weder Einfluß auf das Weltgeschehen noch auf das
menschliche Leben. Er läßt die Götter in den Räumen zwischen den
unzähligen Welten (Metakosmien, Intermundien) das glückselige Leben
eines epikureischen Weisen leben, um selbst ohne den Glauben an oder
Furcht vor den Götter leben zu können. 8)
Da der Mensch also nur ein einziges Mal als Individuum existiert,
tritt dieses einmalige Leben als ungeheure ethische Aufgabe vor ihn.
Ziel des menschlichen Lebens ist die Erlangung der Glückseligkeit.
Sie wird erreicht durch die Hedoné (voluptas, "Lust"). Die
Lust ist das höchste Gut, das in Seelenruhe und Ungestörtheit durch
Unlust und Schmerz liegt. Aufgabe des Menschen ist es, die
Unberechenbarkeit der Lust in den Griff zu bekommen und immer ein Mehr
an Lust zu haben gegenüber dem Schmerz. Der Zustand der völligen
Schmerzlosigkeit ist die höchste Lust überhaupt. 9)
Epikur lehnt eine politische Tätigkeit ab(láthe biósas: Lebe im
Verborgenen). Der Epikureer sucht sich Gleichgesinnte. Daher die hohe
Bewertung der Freundschaft. Epikur
zur Frage des Todes: Für
Epikur, nach dessen Lehre alles Existierende aus Atomen, sinnlich
wahrnehmbaren Körpern, besteht, die sich im unendlichen, leeren
Raum befinden, sind auch Geist und Seele rein materiell. Alles Werden
und Vergehen im Kosmos ist nur eine zufällige Verbindung und Trennung
der ewig seienden, von Anfang an bewegten Atome. Also zerfällt auch
die Seele ebenso wie der Körper beim Tode in ihre Bestandteile. Mit
dem Tod ist für den Menschen als Individuum alles zu Ende. Die
zerfallenden Körper- und Seelenatome sind Aufbaumaterial für neue
Organismen. Da beim Zerfall der Körper- und Seelenatome ebensowenig
eine Empfindung wahrgenommen werden kann wie vor der Geburt des
Menschen und es auch keine personal-individuelle Existenz nach dem Tod
etwa sogar mit der Vorstellung einer Vergeltung schlechter Taten
gibt - für Epikur sind auch die Götter nur reine Atomgebilde und
ohne Einfluß auf die Welt -, ist jede Todesfurcht sinnlos. Dieses
Aufgeben der Todesfurcht ist ein wesentliches Moment zur Erlangung
des epikureischen Hauptziels: Die Unerschütterlichkeit (ataraxia)
seines Geistes und seiner Seele von äußeren Einflüssen in einem
Leben in Glück und „Lust“.Diese Grundhaltung kann aber nicht in
hemmungsloser Genußsucht(Hedonismus), sondern nur mit einem ruhigen,
bescheidenen und zurückgezogenen Lebensstil erreicht werden („lathe
biosas!“, „Lebe im Verborgenen!“). Der
epikureischen und stoischen Philosophie ist trotz vieler Unterschiede
gemeinsam, daß Glück aus der Erkenntnis und aus der geistigen
Durchdringung des Kosmos erwächst, die den Menschen seine Rolle darin
erkennen läßt und ihn zu einem Leben im Einklang mit der Natur ohne
jegliche Todesfurcht führt. |